Ing. Michael Hartl, Hüttenreferent der Naturfreunde Steiermark, und Dr. Jürgen Dumpelnik, Vorsitzender der Naturfreunde Steiermark, im Gespräch über die Bedeutung der Infrastruktur, über aktuelle Projekte und darüber, wie gezielte Investitionen sowie innovative Strukturen dabei helfen können, das Mitgliederwachstum nachhaltig zu fördern.
Fotos: Bwag/Wikimedia, Alfred Leitgeb, Valerie Sammer
Welchen Stellenwert hat die Infrastruktur für die Naturfreunde Steiermark?
Hartl: Das Thema Infrastruktur beschäftigt die Naturfreunde schon seit Generationen. Bereits in den Gründerjahren der Naturfreunde-Bewegung wurde alpine Infrastruktur in Form von Schutzhütten, Vereinsheimen sowie Wegen und Steigen geschaffen. Vieles davon existiert bis heute, wurde modernisiert oder aus verschiedenen Gründen abgestoßen. Viele Österreicherinnen und Österreicher sowie Urlauberinnen und Urlauber aus dem Ausland nutzen unsere Infrastruktur für ihre Freizeitgestaltung.
Dumpelnik: Unsere Erfahrungen zeigen, dass gezielte Investitionen in Infrastruktur der Motor für Wachstum sind. Der Bau und Ausbau von Naturfreunde-Kletterhallen in Oberösterreich beispielsweise führte zu einem deutlichen Mitgliederzuwachs. Obwohl sich die oberösterreichische und die steirische Landesorganisation strukturell kaum unterscheiden, erzielte man in Oberösterreich mit diesen Maßnahmen eine dynamischere Entwicklung. Daraus haben wir unsere Schlüsse gezogen und in den letzten Jahren versucht, solche Infrastrukturmaßnahmen auch in der Steiermark massiv zu forcieren. Manchmal mit mehr, manchmal mit weniger Glück. Das gehört bei solchen Entwicklungen eben dazu.
Was sind die größten Herausforderungen in puncto Infrastruktur?
Dumpelnik: Eine der größten Herausforderungen ist die Finanzierung. Die aktuelle Forderung der österreichischen alpinen Vereine nach einem bundesweiten Notfallpaket von rund 100 Millionen Euro für den Erhalt alpiner Einrichtungen verdeutlicht den enormen Finanzbedarf für die Sicherung des alpinen Tourismus und Freizeitwerts unseres Landes. Das traditionelle Ehrenamt allein reicht bei den steigenden Anforderungen nicht mehr aus – es bedarf klarer politischer Entscheidungen und gezielter Förderungen.
Hartl: Hinzu kommen behördliche Auflagen, die unsere Schutzhütten oft wie Gastbetriebe im Tal behandeln. Diese Gleichstellung verursacht erhebliche Zusatzkosten, da hohe Baupreise, Zuschläge für abgelegene Lagen und eine eingeschränkte Lieferantenauswahl berücksichtigt werden müssen. Solche strukturellen Hürden zwingen uns, kontinuierlich innovative Lösungen zu finden, um den Erhalt und die Modernisierung unserer Anlagen im Interesse unserer Mitglieder sicherzustellen.
Welche Infrastrukturprojekte setzen die Naturfreunde Steiermark derzeit um?
Dumpelnik: 2024 haben wir von der Bundesorganisation und der Ortsgruppe Ratten das Roseggerhaus übernommen, das wir nun zu einem inklusiven Kompetenzzentrum ausbauen möchten. Im November vergangenen Jahres wurde in Fürstenfeld eine Kletterhalle des Alpenvereins übernommen – ein Schritt, der bereits zu einem spürbaren Mitgliederzuwachs geführt hat. Zudem befinden wir uns in Gesprächen mit den Naturfreunden Köflach wegen einer Übernahme des Barbarahauses auf der Packalpe, um unser Angebot weiter zu diversifizieren.
Hartl: Mit der Übernahme der Kletterhalle in Fürstenfeld haben wir das Freizeitangebot in der Region erheblich verbessert. Das geplante alpine Inklusionszentrum im Roseggerhaus soll künftig als barrierefreies Zentrum für Seminare, Teambuilding und Fortbildungen dienen. Natürlich wird es weiterhin ein wichtiger Stützpunkt für Erholungsuchende sowie Outdoorsportlerinnen und -sportler bleiben. Gemeinsam mit den Österreichischen Bundesforsten, die in der Nähe des Roseggerhauses einen Windpark betreiben, möchten wir zudem Wissen über nachhaltige Energiegewinnung – insbesondere über die Nutzung des Windes als erneuerbare Energiequelle – vermitteln.
Für die Verwaltung ihrer Infrastruktur haben die Naturfreunde Steiermark kürzlich eine eigene Beteiligungsgesellschaft gegründet. Welche Vorteile bringt dieser Schritt?
Hartl: Die Verwaltung unserer alpinen Infrastruktur ist aufgrund der Ortsgruppenstruktur kleinteilig und erfolgte immer ehrenamtlich. Durch die zunehmend steigenden Anforderungen sind wir vermehrt an die Grenzen dieses Systems gestoßen. Mit der neuen Gesellschaft haben wir u. a. finanzielle Risiken vom normalen Vereinsgeschehen entkoppelt. Mithilfe dieser Gesellschaft können die Finanzstruktur und Förderbewirtschaftung von Objekten optimiert werden - mit dem Ziel, keine Hütte mehr abstoßen zu müssen. Es ermöglicht uns auch, gemeinsam mit Partnern unseren Mitgliedern neue Freizeiteinrichtungen zugänglich zu machen.
Dumpelnik: Mit der Einrichtung dieser „Hütten-Holding“ haben wir ein österreichweites Pilotprojekt gestartet, in dessen Rahmen wir moderne Führungs- und Wirtschaftsinstrumente nutzen können, was zu besseren Einkaufs- und Versicherungsbedingungen führt. Diese neue Struktur erweitert unseren finanziellen Spielraum und ermöglicht eine effizientere Verwaltung unserer Anlagen. Damit fungieren wir nicht nur als Vorreiter auf Bundesebene, sondern setzen auch Impulse, von denen andere Landesorganisationen bzw. Ortsgruppen der Naturfreunde profitieren können.