Was als beiläufiger Neujahrs-Scherz begann, führte den Grazer Fotografen Alexander Koch ein gutes halbes Jahr später mit einer Unmenge an Fotoequipment auf eine 14-tägige abenteuerliche Reise durch den Nationalpark Gesäuse.
Text & Fotos: Alexander Koch
Begonnen hat diese Geschichte während einer Weihnachtsfeier so: „Nächstes Jahr nehme ich meine Großformatkamera mit auf einen Klettersteig, denn die Kamera ist so schön kompakt und handlich. Ideal für alpines Gelände!“ Wenn man die Portion Sarkasmus, die von mir in diese Aussage floss, weglässt, klingt das Vorhaben ja auch durchaus vernünftig. Denn jedem ist klar, dass man am Berg üblicherweise so wenig wie möglich mitschleppen möchte. Allerdings: Eine Großformatkamera ist alles andere als klein und kompakt; wie es der Name schon vermuten lässt, ist sie groß. Je größer, desto besser! Und je größer die Kamera, desto schwerer ist sie. Deshalb war meine Aussage nichts anderes als ein Scherz meinen Fotostudenten gegenüber. Aber die Tage vergingen, und dieser Scherz wurde in meinem Kopf zu einem immer konkreteren Gedanken und war irgendwann zu einer fixen Idee herangereift.
Kurz nach Silvester wurde mir auf einer Social-Media-Plattform ein Beitrag des Dachverbands Nationalparks Austria eingespielt, in dem für seine Medienstipendien geworben wurde. Nachwuchstalente in den Bereichen Literatur, Film und Fotografie können eine Projektidee einreichen; wird sie ausgewählt, kann man das Projekt mit Unterstützung des jeweiligen Nationalparks während eines 14-tägigen Aufenthalts vor Ort umsetzen. So kam es, dass ich aus meinem Scherz ein konkretes Fotoprojekt entwickelte - frei nach den berühmten Aufnahmen des berühmten US-amerikanischen Landschafts- und Naturfotografen Ansel Adams im Yosemite National Park. Mein Projekt wurde angenommen, und ich durfte es zwei Wochen lang im Sommer 2024 im Nationalpark Gesäuse realisieren.
Die Rahmenbedingungen waren für mich schnell klar. Ich wollte dieses Vorhaben mit einem guten Kompromiss in puncto Equipment durchziehen. Als analoge Hauptkamera sollte eine Sinar F2 dienen. Eine klassische Großformatkamera, die einen wie einen Fotografen von vor rund 125 Jahren aussehen lässt, wenn man sie bedient. Nichtsdestotrotz eine moderne Kamera, die nach wie vor neu zu erwerben ist und auch weiterhin produziert wird. Zusätzlich musste natürlich auch meine digitale Ausrüstung mit, denn auf einem Bein alleine geht man nicht! Die Ernüchterung folgte aber schneller, als es mir recht war, denn unsere Waage im Badezimmer überzeugte mich davon, dass es so nicht funktionieren würde: Nur das Fotoequipment inklusive Rucksack kam bereits auf rund 20 kg. Mit Verpflegung & Co hätte das meine Kondition definitiv überstrapaziert. Also musste ein neuer Plan her. Nach kurzer Recherche fand ich in England die ideale Lösung: eine Großformatkamera im Aufnahmeformat 4 x 5 Zoll, die so klein und so leicht wie möglich ist und dennoch alle meine Anforderungen erfüllt. Eine Intrepid 4x5“ Mark V.
Zeit für Taten
Nun war es Zeit für echte Taten, und ich zog im Juli 2024 los ins Gesäuse. Etwas eingeschränkt war ich lediglich im Bezug auf die Höhenmeter, die ich absolvieren konnte, da mein Rucksack trotz aller Vorbereitung mit rund 16 kg noch immer kein Leichtgewicht war. Deshalb hielt ich mich in der ersten Woche noch eher in den „Tiefen“ auf. Die ersten Fototouren führten mich entlang der Enns ins Haindlkar und zur Ennstalerhütte. Ausgehend vom Campingplatz Forstgarten, meinem Quartier der ersten Woche, war ich vor allem im Rauchboden und im Ennsboden erfolgreich unterwegs.
Das Highlight war die zweite Woche: alleine auf der Jagdhütte Hintergofer, im Gofergraben. Hier sind die Hänge steil, der Admonter Reichenstein thront direkt über dem Graben, und man ist mit sich und den Gämsen völlig alleine. Meine Motive fand ich hier vor allem in den Schutthalden, in den Schluchten und im steilen Wald. Nach Gewittern legte sich immer wieder Nebel über die Wälder und Berge. Diese Stimmungen waren einfach sensationell! Da ich in dieser Woche ganz alleine war, konnte ich ungestört in meinem eigenen Rhythmus fotografieren.
Meine Zeit im Nationalpark Gesäuse verging wie im Flug, und die Arbeit mit der Großformatkamera hatte einen sehr angenehmen Nebeneffekt: Ich habe weniger, dafür aber bessere Fotos gemacht. Das möchte ich in meinen zukünftigen Projekten definitiv fortführen!
Mit den im Nationalpark gemachten Fotos sind Ausstellungen im Kultur- und Begegnungszentrum Simon-Mühle in Trofaiach und in Graz im Winter/Frühjahr 2024/25 geplant. Weitere Infos gibt es ab 15. Oktober 2024 auf der Webseite alexkoch.at.