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Kurztrip nach Schottland - „Ben Nevis“

Text: Severin Parger

Fotos: Severin Parger, Sebastian Müller

 

Diesmal war die Planung für diesen Kurztrip nicht so aufwendig wie bei meinen letzten Expeditionen nach Kirgisistan und Nepal. Aber dafür freute ich mich schon riesig, denn ich wollte schon immer das schottische Mixed- und Eisklettern kennenlernen. Die Reise begann in meiner Bergrettungszentrale in Schwaz in Tirol, wo mir Sebastian (ein Bergrettungskamerad) von seinem Freund Willis aus Schottland erzählte. Dieser ist Präsident eines schottischen Clubs namens „Scottish Dry-Tooling-Club“ und veranstaltet ein Event namens „CIS Hut Winter Meet 2024“. Er musste mich nicht lange überreden, sodass ich sofort sagte: „Sicher, bin dabei“!

Sofort füllten wir das Bewerbungsformular aus. Nach langer Wartezeit bekamen wir im neuen Jahr, am 01.01.2024, die Zusage. Von den Bewerbungen wählte das Gremium des Clubs 12 Gäste und 12 Gastgeber aus. So konnten wir uns glücklich schätzen, dass wir dort einen Platz ergattern konnten, und begannen mit der Reiseplanung. Ein paar Monate später war es dann soweit; wir starteten am 27.02.2024 vom Flughafen Innsbruck in Richtung Glasgow. Um 12 Uhr Ortszeit in Glasgow, inklusive des angekommenen Gepäcks, hatten wir die erste Etappe gemeistert. Nach einem kurzen Aufenthalt in Glasgow, wo wir ein Pub besuchten und uns traditionell Fish and Chips bestellten, ging es mit einem Dieselzug weiter in Richtung Fort William. Dort angekommen, checkten wir am Abend gegen 24 Uhr in das kleinste Hotelzimmer ein, das Schottland zu bieten hatte, nach über 19 Stunden Anreise.

Dann hieß es wieder früh aufstehen, denn um 6 Uhr holte uns ein Teilnehmer in der Nähe vom Hotel ab. Am Parkplatz „North Car Park“ trafen wir dann alle anderen Teilnehmer, und gleich spürten wir die entspannte, angenehme Atmosphäre. Nach der Aufteilung des Kletterequipments konnte der Aufstieg zur Hütte in Angriff genommen werden. An der Hütte angekommen, wurde erst einmal das komplette Material verstaut, und nach einem kurzen Briefing nahmen wir schon die erste Tour in Angriff. In den ersten Tagen wurden die Seilschaften von den Veranstaltern fix eingeteilt, sodass ich die ersten Tage mit Amee in einer Seilschaft verbringen durfte. Zum Einklettern entschieden wir uns für eine recht kurze Eisroute am Observatory Gully namens „Tower Scoop“. Am späteren Abend trafen wir uns alle wieder in der CIC Hut. Dank unseres hervorragenden schottischen Kochs Liam wurden wir die nächsten Tage perfekt versorgt, sodass wir unsere Touren immer gestärkt starten konnten. Nach dem abschließenden Abendessen wurde bei einem Glas schottischem Whisky die Tour für den nächsten Tag geplant.

Leider war der Wetterbericht alles andere als perfekt - warme Temperaturen und schlechte Sicht gestalteten die Tourenplanung etwas schwierig. Aber Amee hatte gleich eine gute Tour gefunden: am North East Buttress die Route „Plattform Rib“. Leider mussten wir am nächsten Tag in der ersten Seillänge feststellen, dass der Schnee nicht gefroren war und dadurch die Verhältnisse nicht passend waren. Aber als Plan B konnten wir gleich eine Alternative finden, etwas links über einem klassischen Gully „Slinsby´s Chimney“ - eine leichte schottische Gully-Linie, die wir am Top wieder abseilten. In der CIC Hut angekommen, wurden wir wie am vorherigen Tag gleich von Liam perfekt verköstigt. An diesem Abend hieß es Partnertausch, sodass ich am darauffolgenden Tag das Kletterseil mit Sebastian teilen konnte. Nach einer kurzen Besprechung mit ihm sprang uns gleich eine Route ins Auge - das berühmte Pointe Five Gully am Ben Nevis. Dieselbe Idee hatten auch Henry und Mike, sodass wir beschlossen, mit ihnen den Plan gemeinsam in die Tat umzusetzen. Am nächsten Tag starteten wir gemeinsam und standen rasch am Einstieg. Leider wurde unser rasches Tempo beim Klettern gleich gestoppt, und zwar von heftigen Spindrifts. Henry benötigte ziemlich lange für die erste Seillänge, dazu kam auch noch die spärliche Absicherung. Endlich war ich an der Reihe und kletterte die erste steile Seillänge schnell hinauf, sodass ich wenige Spindrifts abbekam. Leider war es auch in der zweiten Seillänge nicht besser, denn der steile Gully war nur zwei Meter breit, und es fühlte sich an, als steckte ich in einem Kanalrohr. Ich hatte das Vergnügen, von Schnee und Eisbrocken, die Mike und Henry lockerten, bombardiert zu werden. Nach zwei Metern und ein paar Beulen mehr auf meinem Helm musste ich kapitulieren und den Rückzug antreten, denn ich hatte meiner besseren Hälfte daheim versprochen, in einem Stück wieder zu ihr nach Hause zu kommen.

Aber einen Tag ohne Klettern gibt es bei mir nicht, und so hatte ich gleich einen Plan B im Kopf: am Observatory Gully die Route „Tower Cleft“ - eine richtig coole und beeindruckende Linie inmitten einer tiefen Schlucht oder besser gesagt, einem langen senkrechten steilen Kamin. Das Eis in der zweiten Seillänge und die Atmosphäre waren einfach unglaublich. Nach abgeschlossener und erfolgreicher Tour ging es wieder zurück zur CIC Hut und zum verdienten Glas Whisky. Für den vorletzten Tag hatten Sebastian und ich gleich wieder eine coole Route gefunden: am Goodeve´s Buttees, den „Glover´s Chimney“. An diesem Tag war alles auf unserer Seite, und wir konnten die Tour „durchrocken“. Es fühlte sich so an, als würden wir die Seillängen nur so hinaufrennen. So konnten wir uns nach wenigen Stunden nach dem Aufbruch von der Hütte am Gipfel des „Ben Nevis" die Hände reichen. Nachdem wir die Ruinen an der Spitze der alten Wetterstation inspiziert hatten, begannen wir den Abstieg über die Route Gully Nr. 4.

Am letzten Tag wollten Sebastian und ich noch eine kurze Route auf dem „Ben“ klettern. Als Ian unseren Plan hörte, fragte er gleich, ob er sich uns anschließen dürfte. „Na klar“, antwortete ich! Nach einer kurzen Besprechung fanden wir gleich ein Ziel - den „Green Gully“ auf dem Ben Nevis.

In der Früh starteten wir zügig, denn um 15 Uhr mussten wir die Hütte wieder verlassen. Am Einstieg angekommen, ging es Schlag auf Schlag, und so waren wir kurzerhand schon am Ausstieg. Den Abstieg brachten wir ebenfalls rasch hinter uns, und so packten wir unsere Sachen und begannen unseren Abstieg mit Ian. Er bot uns gleich an, uns nach Glasgow mitzunehmen, da er in der Nähe des Flughafens wohnt. So genossen wir die Autofahrt als Beifahrer, und unsere Augen konnten die Landschaft Schottlands aufsaugen. In Glasgow angekommen, erreichten wir nach einigen Umwegen endlich unser Hotel. Danach konnten wir den Kurztrip bei einem gemütlichen Guinness und tiefgründigen Gesprächen an der Hotelbar mit Niederländern abschließen. Nach dem Frühstück erkundeten wir noch Glasgow, bevor es wieder zum Flughafen ging. Nach einem langen Zwischenstopp in Frankfurt kamen wir um 23 Uhr in Innsbruck an. Die schottischen Felsen werden mich in Zukunft sicher nochmals sehen. Auch einen großen Dank an meine Unterstützer: die Firma Bergfreunde und die Naturfreunde Alpinistengilde.

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