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Im Dialog mit der Jugend

Der stellvertretende Vorsitzende des Steirischen Landesjugendbeirats Domenik Kainzinger-Webern im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Naturfreunde Steiermark Dr. Jürgen Dumpelnik über die Bedeutung des gesellschaftlichen Engagements von Jugendlichen, über aktuelle Anliegen und darüber wie Organisationen junge Menschen unterstützen und langfristig binden können.

Fotos: Michael Domian, Landesjugendbeirat Steiermark, Marija Kanizaj

 

Warum ist das gesellschaftliche Engagement von Jugendlichen so wichtig?

Kainzinger-Webern: Vom Bildungswesen her werden Kinder als Einzelkämpfer*innen erzogen. Das beginnt schon im Kindergarten. Darum sehe ich es als eine der wichtigsten Aufgaben, dass man Kinder und Jugendliche in Vereine und Organisationen eingliedert und ihnen die Grundwerte einer demokratischen Gesellschaft vermittelt. Zu Hause bekommen sie das in den meisten Fällen gar nicht mehr vorgelebt.

Dumpelnik: Die Jugend ist die Zukunft, die nachfolgende Generation, welche die Gesellschaft gestalten wird. Deshalb ist es wichtig, dass junge Menschen Strukturen und Mechanismen des Zusammenarbeitens kennenlernen und erfahren, wie man Kompromisse schließt. Jugendarbeit ist extrem wichtig, weil sie die Basis für unsere gesellschaftliche Entwicklung darstellt.

 

Welche Themen und Anliegen bewegen die Jugend aktuell am meisten?

Kainzinger-Webern: Es kommt darauf an, ob man auf ländliche oder städtische Gebiete schaut. Im ländlichen Bereich ist die Jugend noch bodenständiger, hat mehr Zukunftsperspektiven. Im städtischen Bereich verliert sie oft den Blick für das große Ganze. Ich glaube, das Grundbedürfnis vieler Jugendlicher ist, etwas miteinander zu gestalten, ohne immer alles so ernst nehmen zu müssen. Viele Jugendliche sind in Wohlstand und ohne Krisen aufgewachsen. Jetzt erleben sie erstmals Krisen wie Covid oder kriegerische Auseinandersetzungen. Das erfordert ein Umdenken.

Dumpelnik: Zukunftsfragen beschäftigen die Jugendlichen am meisten. Wir leben in einer Zeit von Umbrüchen und Krisen, die kein stabiles Zukunftsbild zeichnen. Die globale Situation ist in einem ständigen Wandel, was für Jugendliche besonders herausfordernd ist. Sie fragen sich, wohin die Reise geht, sowohl global als auch individuell. Deshalb ist es wichtig, dass wir unsere Ansichten der Jugend nicht aufzwingen und ihre Perspektiven verstehen.

 

Wie gehen eure Organisationen auf diese Themen ein und unterstützen die Jugendlichen dabei, ihre Anliegen zu vertreten?

Kainzinger-Webern: Der Steirische Landesjugendbeirat bedient seine 29 Mitgliedsorganisationen mit verschiedenen Schwerpunkten. Im Rahmen eines Microförderungsprogramms beispielsweise erhält jede Ortsgruppe 500 Euro für ein Projekt. Das wird sehr positiv angenommen. Es ist wichtig, die Basis gestalten zu lassen und nicht alles von oben herab zu diktieren.

Dumpelnik: Die Naturfreunde bieten Jugendlichen Strukturen, Möglichkeiten und Perspektiven. Es ist wichtig, Jugendliche gleichberechtigt zu behandeln und aktiv auf sie zuzugehen. Die Naturfreunde sind sehr egalitär und bieten eine Plattform für den wechselseitigen Austausch zwischen Jung und Alt.

 

Wie kann man junge Menschen langfristig an ehrenamtliches Engagement binden?

Kainzinger-Webern: Viele Jugendliche würden sich ehrenamtlich engagieren, wenn sie eine entsprechende Wertschätzung erfahren. Außerdem müssten die derzeitigen Verantwortungsträger*innen neue Meinungen zulassen. Wie heißt es so schön: Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme. Wenn man Jugendlichen Vertrauen entgegenbringt und ihnen Funktionen zutraut, kann man sie langfristig fürs Ehrenamt gewinnen.

Dumpelnik: Es gibt in vielen Organisationen Bedarf an mehr Engagement von Jugendlichen – auch bei den Naturfreunden. Die Jugend hat andere Vorstellungen, wie sie ihr Leben gestalten will, und das muss man zulassen. Je offener man als Organisation damit umgeht, desto mehr Zulauf wird man erfahren. Viele lernen erst zu schätzen, was Gemeinschaft bedeutet, wenn sie es selbst erfahren haben.

 

Wie können Jugendliche in Zukunft noch stärker in Entscheidungsprozesse eingebunden werden?

Dumpelnik: Es gibt in Österreich bereits eine Fülle von Möglichkeiten zur Beteiligung und Mitentscheidung, daher sehe ich hier keine große Notwendigkeit von Änderungen. Man sollte Jugendliche selbst fragen und im Dialog erkunden, was sie sich wünschen.

Kainzinger-Webern: Die Grundvoraussetzungen sind gut, wir haben viele niederschwellige Instrumente zur Partizipation. Wichtig ist, dass die Inputs der Jugendlichen auch ernst genommen werden. Ihre Wünsche müssen im Dialog weiterentwickelt und dann auch tatsächlich umgesetzt werden.

Domenik Kainzinger-Webern und Jürgen Dumpelnik setzen auf einen offenen und wertschätzenden Austausch mit Jugendlichen.
Die 29 Mitgliedsorganisationen des Steirischen Landesjugendbeirats, zu denen auch die Naturfreunde zählen, ermutigen Kinder und Jugendliche, sich in der Gesellschaft zu engagieren.
Domenik Kainzinger-Webern studierte u. a. an der Kunstuniversität Graz und ist Kapellmeister und Dirigent. Seit 2016 gehört er dem Steirischen Landesjugendbeirat an; 2021 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.
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